Nahid Salimi vertritt die Bahai im Rat der Religionen Hannover

    „Wenn Gott will, kann er aus einem Kieselstein einen Diamanten machen“ sagt Nahid Salimi lächelnd. „Ich habe mich jedenfalls sehr geehrt gefühlt durch die Anfrage.“ Die 54-Jährige wird künftig die Bahai im Rat der Religionen Hannovers vertreten. Sie löst Ali Faridi ab, der das Amt seit der Gründung des Rates 2009 innehatte. „Ich war immer begeistert vom Dialog der Religionen“, sagt die gebürtige Iranerin. „Wir Bahai sagen: Wenn die Propheten sich einig sind, warum sollen die Gläubigen dann miteinander kämpfen?“

    Als Vorsitzende des Geistigen Rates, des Leitungsgremiums der Bahai-Gemeinde, setzt Nahid Salimi bisher schon ihre Stärken ein: neue Ideen entwickeln und Menschen dafür begeistern, sich zu engagieren. Das wünscht sie sich auch für den interreligiösen Dialog in Hannover: Dass noch mehr Menschen ihre Stimmen einbringen. Seit vielen Jahren organisiert die Mutter einer erwachsenen Tochter und eines 16-jährigen Sohnes die Kinderklassen in der Bahai-Gemeinde. Hier steht nicht nur die Lehre des Religionsstifters Baha’ullah, sondern vor allem die Erziehung zu Engagement, Weltbürgertum und Frieden im Mittelpunkt. Im Rat will sich dafür einsetzen, dass die Kinder aus den verschiedenen religiösen Gemeinden einander kennen lernen.

    Als sie aus ihrer Heimat floh, war Nahid Salimi selbst fast noch ein Kind. „Du musst raus“, entschied ihre Mutter, als im Iran die Revolution ausbrach. Als Mädchen und Angehörige der religiösen Minderheit Bahai würde sie doppelt gefährdet sein. Mit 17 Jahren floh Nahid Salimi zu ihrer Schwester nach Deutschland. Damals glaubte sie noch, es würde nur für kurze Zeit sein. „Für uns war es selbstverständlich, schnell Deutsch zu lernen. Mach eine Ausbildung oder du musst gehen, hieß es“, erinnert sie sich. Sie fand einen Ausbildungskurs zur Gymnastiklehrerin und weil es ihr Spaß machte, wurde sie anschließend Physiotherapeutin. Viele Jahre war ungewiss, ob sie ihre Familie noch einmal wiedersehen würde. Was ihr in dieser Zeit Halt gegeben hat: Bahai glauben daran, dass die Seele den Tod des Körpers überleben wird. „Ich wusste, dass wir uns irgendwann wieder begegnen würden.“

    Durch den Gesang wird das Gebet Haut und Fleisch.

    Bei den multireligiösen Friedensgebeten, die Anfang 2015 Tausende in die Marktkirche zogen, bereitete sich Stille im Raum aus, wenn Nahid Salimi die Texte des Offenbarers Baha’ullah in ihrer Muttersprache sang. „Diese Momente gehören zu den eindrucksvollsten meiner bisherigen Amtszeit in Hannover“, sagte Stadtsuperintendent Hans-Martin Heinemann später. Das Singen der Gebete ist ein allmorgendliches Ritual für Nahid Salimi: „Durch die Stimme wird das Gebet Haut und Fleisch von dir.“

    Ihr Vorgänger Ali Faridi zieht sich mit 73 Jahren aus dem Rat der Religionen zurück. „Ich werde aber weiter im Vorstand des Vereins Haus der Religionen – Zentrum für interreligiöse und interkulturelle Bildung e.V. aktiv sein“, kündigt er an. Mit seinen Ideen und seiner Netzwerk-Arbeit hat er den interreligiösen Dialog in Hannover und das Haus der Religionen entscheidend geprägt. Das Hannöversche Forum zum Tag der Menschenrechte am 10. Dezember hat er ebenso mitgestaltet wie die multireligiösen Friedensgebete von Religions for Peace in der Marktkirche. „Obwohl ich einen großen Wert auf rationale Erwägungen lege, glaube ich unerschütterlich an die Macht des aufrichtigen Gebetes“, sagt Ali Faridi. „Im Rahmen der multireligiösen Gebete in der Marktkirche legen wir immer wieder dafür Zeugnis ab, dass Religionen durchaus auch gemeinsam beten können und sollten, auch in einem christlichen Gotteshaus.“ Seine Nachfolgerin kommentiert: „Bei Ali Faridi treffen unermüdliche Einsatzbereitschaft und Wissen auf Bescheidenheit und Demut.“ Für sein Engagement wurde er 2016 mit der Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.

    Beide, Ali Faridi und Nahid Salimi, stammen ebenso aus dem Iran wie die Sprecherin des Rates der Religionen, die schiitische Muslimin Hamideh Mohagheghi. Dass die Bahai zu den Verfolgten des Regimes im Herkunftsland gehören, hat die Arbeit in Hannover nie überschattet. „Hamideh Mohagheghi ist eine großartige Frau, man kann viel von ihr lernen“, sagt Nahid Salimi. „Wir Bahai haben 170 Jahre lang ohne Konflikte unter Schiiten gelebt. Wir wollten zu jeder Zeit das Beste für die Gesellschaft, in der wir leben.“ (aba)

    Die tageszeitung (taz) hat Nahid Salimi ebenfalls vorgestellt.

    Zum 200. Geburtstag des Religionsstifters Baha'ullah singt Nahid Salimi mit Cello-Begleitung.
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